100 Jahre Cahiers luxembourgeois - Lesung
Vorführungstermine:
am Freitag, 8. Dezember ausverkauft / complet! 2023 um 20 Uhr
Textauswahl Marc Limpach
Die erste Nummer der Les Cahiers luxembourgeois erschien vor 100 Jahren, im Oktober 1923. Dem Redaktionskomitee gehörten, neben Nicolas Ries und Frantz Clément, auch Mathias Esch, Joseph Hansen, Nicolas Braunshausen, Mathias Tresch und Paul Palgen an, diese waren zumeist auch Mitglieder der Volksbildungsbewegung. Verleger war Paul Schroell, damals noch Herausgeber des Escher Tageblatt. Der Luxemburger Dichter Albert Hoefler erzählt über die Gründung der Cahiers Ende Mai 1923 im ersten Stock in einem Café am Paradeplatz: „Paul Schroell und Frantz Clément hatten dorthin eine Anzahl Luxemburger Schriftsteller und Wissenschaftler geladen, um mit ihnen gemeinsam jene Grundlage zu finden, auf der eine neue Zeitschrift aufgebaut werden könnte. […] Und nun saßen in jenem Café am Paradeplatz all die, die des Glaubens waren, daß es trotz allem so etwas wie eine Luxemburger Kultur gebe und daß es Pflicht aller Geistigen sei, ein Organ zu schaffen, worin sie sich äußern könne. […] Nachdem Frantz Clément Sinn und Zweck der Gründung erläutert hatte und nachdem man sich über die Formel, in welcher die Beiträge abzufassen seien, einig war, tauchte dann plötzlich die Frage auf: Wie soll die neue Zeitschrift denn nun eigentlich heißen? Man sann und sann, man riet und riet, und schließlich war es Mathias Esch, der den Einfall hatte, sie ganz einfach Cahiers Luxembourgeois zu nennen. Ohne schmückendes Beiwort, ohne größenwahnsinnige Prahlerei.“
Den ganzen Sommer über machte man sich an die Arbeit und im Oktober 1923 war es dann so weit. Frantz Clément schrieb stolz am 2. Oktober 1923 im Escher Tageblatt: „In allen Buchhandlungen liegen die gelben Hefte der ‚Cahiers luxembourgeois’ im Schaufenster und gestern und Samstag gingen sie schon zu Hunderten ins Land zu den Abonnenten, die vor dem Erscheinen des ersten Heftes ihr Vertrauen bekundeten. Die Mitarbeiterliste genügte ihnen, um von dem neuen Unternehmen positive geistige Werte zu erwarten. In der französischen und deutschen Introduktion des ersten Heftes ist klar genug gesagt was geboten werden soll.“ Die ersten programmatischen Sätze in der neuen Zeitschrift lauteten: „Ces ‚Cahiers’ seront ouverts aux quatre vents de l’esprit. Ils se garderont de toute pusillanimité comme de tout sectarisme littéraire, philosophique ou politique. Ils groupent des âges, des talents et des tempéraments fort différents : les jeunes, bouillonnants et impatients de s’affirmer, et ceux qui voient déjà l’ombre derrière eux s’allonger, mais qui, comme le Passeur d’Eau, gardent le rameau vert de l’espoir entre les dents.“ Nach der französischen Einleitung: „À nos lecteurs“ folgte noch eine deutschsprachige Einführung von Clément selbst: „Es ist keine Clique, die vor Euch hintritt, keine Partei. Wir sind durch kein Vorurteil behindert und halten die Hand einem jeden hin, der jenseits von Dogmen und Konventionen an einer kulturellen Erneuerung mitarbeiten möchte. So ist uns auch nichts mehr verhasst als literarische Spielerei, trotzdem oder weil wir auf Form halten, nichts unzeitgemäßer als gelehrter Kram, trotzdem oder weil wir in allen Dingen ernst sein wollen. Wir fühlen uns geeint durch eine Gesinnung, aber wir wissen, dass eine Gesinnung nichts Unwandelbares ist.“ Diese Sätze haben ihre Gültigkeit für die Grundausrichtung der Cahiers luxembourgeois bis heute behalten. Nach der ersten Editionsphase von 1923 bis 1940 unter Nicolas Ries und der Unterdrückung der Zeitschrift während der NS-Besatzung, brachten der Grafiker Raymon Mehlen und der Journalist und Verleger Tony Jungblut sie 1946 wieder heraus (zeitweilig unter der redaktionellen Leitung von Emil Marx), ab 1948 war Raymon Mehlen alleiniger Herausgeber. 1965 wurde die Zeitschrift vorübergehend eingestellt, bis der Journalist und Autor Nic Weber die Cahiers von 1988 bis 2008 wiederbelebte. Seit 2016 erscheinen die Cahiers luxembourgeois wieder dreimal jährlich, herausgegeben von einem dreiköpfigen Redaktionskomitee (Ian De Toffoli, Marc Limpach und Elise Schmit).
Die Lesung bietet eine Wanderung durch hundert Jahre Kultur-geschichte Luxemburgs anhand der Editionsgeschichte und der
Beiträge in den Cahiers luxembourgeois: Historisches, Literarisches, Kurioses und Überraschendes!
Diese Lesung ist für Blinde und Menschen mit Sehbehinderung geeignet.