Motif WAR is PEACE Lesung

WAR is PEACE!

mit Texten von George Orwell, Viktor Klemperer, Hannah Arendt, Pierre Bourdieu, Pierre Puth, Maria Stepanova, Natalija Woroschbyt, Wladimir Metjolkin, u.v.a.

mit Véronique Fauconnet, Anne Klein, Marc Limpach und Jules Werner
musikalische Begleitung: Pol Belardi

am Donnerstag, den 29. September 2022um 20 Uhr im Kasemattentheater

Eine Koproduktion des Kasemattentheaters mit dem TOL und dem Théâtre du Centaure

Vor mehr als 70 Jahren, 1949, erschien George Orwells Roman „1984“. Er spielt in einem totalitären Staat, der sich in einem dauernden Kriegszustand befindet und dessen Regierung eine Sprachregelung durchgesetzt hat, um nicht nur das Verhalten, sondern auch das Denken der Menschen zu kontrollieren und zu manipulieren. Mit Hilfe dieses „Newspeak“ (Neusprech) sollten „Gedankenverbrechen“ im Ansatz verhindert werden. Bereits zwei Jahre vorher, 1947, war unter dem Titel „Lingua Tertii Imperii“ (Die Sprache des Dritten Reiches) das „Notizbuch eines Philologen“ von Viktor Klemperer erschienen. Der jüdische Gelehrte hatte die Nazijahre dank seiner arischen Ehefrau überlebt und Tagebuch geführt. In seiner Abhandlung zur Sprache des Dritten Reiches ging Klemperer ähnlich wie Orwell vor, nur dass er nichts erfinden musste: Die Originaltöne hatten die Nazis geliefert. In „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ benutzte Hannah Arendt eine Methode „des buchstäblichen Ernstnehmens ideologischer Meinungen“, um die totalitäre Versuchung sprachlich zu verstehen. Erhard Eppler analysiert 1992 die Krise der Politik im Spiegel der Sprache und kritisierte die vorgestanzten Floskeln der Politiker in der Wohlstandsgesellschaft. 

Um die Jahrtausendwende analysieren die französischen Soziologen Pierre Bourdieu und Loïc Wacquant die Sprache des Neoliberalismus und der Globalisierung. Eric Hazan bemerkt für Frankreich eine disziplinierende „Lingua Quintae Respublicae“ (Die Sprache der Fünften Republik) und Serge Halimi untersucht die Sprache der Journalisten angesichts der Kriege im Kosovo, Irak oder in Afghanistan. Natürlich steht der verbrecherische Angriffskrieg von Putin auf die Ukraine auch im Mittelpunkt dieser Lesung: von den grotesk „orwellschen“ Beschränkungen der Meinungsfreiheit in Russland selbst, bis zu den Reaktionen und Zeugnissen von russischen und ukrainischen Intellektuellen. In einem russischen Gerichtssaal spricht am 1. April 2022 ein unbekannter junger Mann, der Journalist Wladimir Metjolkin, Mitherausgeber einer Studentenzeitung, mutig über Meinungsfreiheit, Propaganda und Politik... Seine Rede soll nicht ungehört bleiben. Diese Lesung vermischt Zeugnisse, Dokumente, literarische und theoretische Schriften und deckt Traditionslinien der sprachlichen Manipulation und möglicher Gegenwehr auf. 

Diese Lesung ist für Blinde und Menschen mit Sehbehinderung geeignet.

 

Vorführungstermine:

Donnerstag, 29. September um 20 Uhr