Der Malte

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Assoziative Ausschnitte aus „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ einem Tagebuchroman von Rainer Maria Rilke gelesen von Nico Delpy mit einem musikalischen Einsatz von Hotcha, eingerichtet von Marion Rothhaar 

am 15. Juli 2021 um 20.00 Uhr im Kasemattentheater

Dauer ca. 1 Stunde 

Eine Produktion des Kasemattentheaters

»…chez cet authentique poète qu’est Rilke, le plus original peut-être et l’un des plus richement doués parmi les Allemands de sa génération, la pente de l’esprit, l’inclinaison morale est si forte qu’elle détermine sa vision […] Les notes de M.L. Brigge ne sont pas un livre beau, bien fait, réussi. Elles ont quelque chose de trop vert, de trop foisonnant de trop jeune, un tremblement trop peu dominé ; elles ne sont que délicieuses et importantes, et lourdes du mystère des œuvres vivantes« schreibt die Luxemburgerin Aline Mayrisch de St. Hubert in ihrer Besprechung der Aufzeichungen in der Nouvelle Revue Française 1911 und verhilft Rilke damit zum Durchbruch in Frankreich. 

Der einzige Roman des Lyrikers Rainer Maria Rilke entsteht zwischen 1904 und 1910 und ist das fingierte Tagebuch eines jungen Dichters aus Dänemark im Paris der Jahrhundertwende, der damals drittgrößten Stadt der Welt. Der Text folgt keinem roten Faden bricht mit der Tradition des realistischen Romans und gilt als Wegbereiter der modernen Literatur. Die moderne Großstadt stürzt ungefiltert auf Malte ein: blinde Bettler schreien, eine Frau hält ihr Gesicht in den Händen, elektrische Bahnen rollen durch ihn hindurch, die Geräusche und Gerüche setzen ihm zu - und alles kratzt an seinem empfindlichen Nervenkostüm. »So, also hierher kommen die Leute, um zu leben, ich würde eher meinen, es stürbe sich hier.« 

Die Aufzeichnungen sind ein Produkt der Krise und gewissermaßen die Spiegelfigur des Dichters Rilke, der in Paris zu neuem Sehen und einer neuen Sprache gefunden hat. Malte und Rilke bewegen sich frei in der Zeit, geleitet von Assoziationen für das Sichtbare und das Unsichtbare, das Reale und das Irreale, das Sagbare und das Unsagbare - radikal subjektiv und gleichzeitig in vollendeter Form. Seine Worte wirken dabei wie ein Begleittext zum Vorspiel unserer eigenen Epoche. Maltes Gedanken kreisen um das Sehen, um den Tod und um die Angst, nicht eins zu werden mit sich selbst. Man hätte ihn »natürlich umgehend mit Malte verwechselt«, schreibt Rilke kurz nach dem Erscheinen des Buches mokant an seine Freundin Lou Andreas-Salomé. Doch Rilke hatte recht: er allein ist nicht Malte – Malte sind wir alle!

 

Vorführungstermine:

Am Donnerstag 15. Juli 2021 um 20 Uhr